SEELBERG: Rhythmus, Ordnung, Wärme
Im SEELBERG definieren wir drei große gestaltbare Bereiche des Lebens: Rhythmus; Ordnung; Wärme. Alles, was wir tun, spielt sich innerhalb dieser drei Bereiche ab, lebt und wirkt durch sie.
Rhythmus: wirkt im Seelenleben
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass rhythmische Abläufe stabilisierend wirken; zum Beispiel das bewusste Erleben des Tages, der Woche und des Jahreslaufes. Die Orientierung in der Zeit ist besonders im Pflegeheim ein vielschichtiges Arbeitsfeld. Wenn hier durch Wiederholung und verschiedene Hilfen Sicherheit hergestellt werden kann, erhöht das die individuelle Lebenszufriedenheit. Sich wiederholende Abläufe geben nicht nur durch Wiedererkennung Sicherheit, sondern ermöglichen auch die Einbindung des Einzelnen in die Gemeinschaft. Besonders in Abbauprozessen werden die rhythmischen Rituale einer Gemeinschaft wichtig.
Wir unterscheiden jedoch zwischen dem lebendigem Rhythmus einer Gemeinschaft und dem starrem Takt automatisierter Abläufe. Ein guter Einrichtungs-„Groove“ liebt und nutzt eben auch die Ausnahmen – etwa die Renovierung einer Einrichtungsküche. Alles stockt, gerät aus der Normalität und wird mit Wonne als Raum für Kreativität genutzt. Wir schaffen und nutzen regelmäßig Ausnahmen von der Regel, um uns selbst und die Klient*innen neu in einer unbekannten Situation zu erleben.
Ordnung: das Außen gestaltet das Innen
Jeder Mensch benötigt eine äußere Struktur. Je chaotischer, verwirrter oder ver-rückter ein Mensch ist, umso mehr bedarf er einer äußeren Ordnung. Dies bezieht sich nicht nur und nicht immer auf materiellen Dinge, Sauberkeit usw., sondern auch auf Beziehungen, Abläufe, Sprache und Umgangsformen. Klare Zuständigkeiten, transparente Abläufe und sichtbare Beteiligungsmöglichkeiten sorgen für Sicherheit und Orientierung. Die Motivation für Ordnung in diesem Sinne entspringt so zunächst dem therapeutischen Grundgedanken und erst sekundär dem Streben der Organisation nach Rationalisierung. So stehen die Klient*innen mehr im Mittelpunkt als die Organisation. Im Hinblick auf die Doppeldiagnoseproblematik und insbesondere deren Suchtanteilen sehen wir eine besondere Anforderung an Klarheit und Transparenz. Wir setzen uns mit dem Thema Co-Abhängigkeit aktiv auseinander.
Wärme: eine Gruppe ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder
Wann ist eine Gruppe eine Gemeinschaft – und was macht diese tragfähig? Wann erlebt der Einzelne durch die Gruppe Stärkung?
Wir meinen, dass es kein allgemeingültiges Rezept für eine tragfähige Gruppe geben kann, sondern dass eher Regeln und Formen beschreibbar sind, welche Einfluss auf die Tragfähigkeit von Gruppen haben. Wir arbeiten hier mit dem Begriff der Anerkennung. Die Gruppenregeln müssen in jedem Falle sicherstellen, dass der Einzelne beachtet und anerkannt wird. Dies klingt einfach, ist jedoch besonders in den Arbeitstherapie oder Freizeitgruppen schwer umzusetzen. Die (authentische) Anerkennung z.B. eines Gruppenmitgliedes der Hauswirtschaftsgruppe, welches jeden Tag die Treppe fegt, ist ausgesprochen schwierig. Besonders Arbeitstätigkeiten ohne sichtbares Produkt (Reinigung, Service, Transport) werden wenig beachtet oder geschätzt. Wir sehen unsere Aufgabe als Helfer*innen darin, den Sinn dieser Tätigkeiten für die Gemeinschaft deutlich zu machen. Unser definiertes Entlohnungssystem im Rahmen der Zuverdienstmöglichkeiten in den stationären Einrichtungen Niedersachsens, stellt eine Säule der Anerkennung dar.
Eine weitere Säule ist die Wertschätzung über das Produkt selbst. Immer sollte ein Bezug zum Ganzen hergestellt werden. Wir achten darauf, dass auch bei hoch arbeitsteiligen Tätigkeiten (z.B. Montagearbeiten) das Endprodukt und seine Verwendung bekannt und sichtbar bleiben. In diesem Sinne ist es wichtig, regelmäßig über die Mitwirkung von Bewohner*innen in Küche, Hausreinigung zu informieren. Wir organisieren hierzu regelmäßig Feste oder Ausflüge der Arbeitsgruppen, berichten in der Hauszeitung und geben Einblick in die betriebswirtschaftlichen Daten (z.B. Wäschemengen, Reinigungsflächen, „Gemüseverbrauch“…). Wenn möglich sollte Arbeit allgemein sichtbar sein. Hierfür nehmen wir stellenweise gerne größere Unruhe und Bewegung, auch Reibung in Kauf und haben relativ wenig entlegene Arbeitstherapieräume angelegt. Sehen und gesehen werden lautet der Grundsatz.